Das Leben in der Laubenkolonie
Im ersten Drittel des 20.Jahrhunderts entstanden auf dem Steilshooper Gebiet die ersten Gartenvereine. Von der Hamburger Bevölkerung als Erholungsreservate genutzt, und um die heimische Küche etwas aufzubessern, wurden die Schrebergärten im Laufe des zweiten Weltkriegs und auch danach gezielt als ganzjährige Wohnbehelfsheime genutzt. Dadurch stieg die Bewohnerzahl von Steilshoop massiv an und mit den entsprechenden Umständen entstand eine ganz spezifische Form des gemeinschaftlichen Lebens.
In diesem Artikel wird mit Hilfe der Erinnerung ehemaliger Bewohner versucht das Leben in dieser "Laubenkolonie" ein wenig zu erfassen.
Etwas Geschichte
Das Dorf Steilshoop bestand lange Zeit aus drei Bauernhöfen. Mit den Zuzug von Gärtnereien ab 1866 fand die erste substantielle Änderung an der Bodennutzung statt.Der Gartenverein "Fiekendorf" wurde um 1900 auf den Ländereien von Mutter Fieken (heute in der Gegend der Straße Langenforth) gegründet. Als das Gelände für Bauzwecke freigegeben wurde, pachtete der Verein vom Bauer Hinsch (Steilshoop) einen neuen Platz und nannte diesen zu Ehren von Mutter Fieken Fiekendorf.
Die anderen Gartenvereine siedelten sich Ende der zwanziger Jahre auf Steilshooper Gebiet an, da sie der städtebaulichen Ausdehnung Hamburgs weichen mußten.
Ab 1953 wurde Steilshooper Boden zu Baugrund für größere Wohnprojekte. Abgeschlossen wurde die Phase 1979 mit der Fertigstellung von Neu-Steilshoop. Dafür wurde ein Großteil der Kleingärten geschlossen.
Mit dem Abschluß der Großsiedlung war auch das Verbot verknüpft, ganzjährig in den alten Schrebergärten zu wohnen. Damit fand eine mehr als dreissig Jahre währende Lebensart ihr Ende.
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Die nördliche Kleingartenanlage, bevor sie zum Großteil durch die Großbausiedlung wegfiel.
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Erinnern sie sich?
Ehemalige Bewohner der Laubenkolonie erzählen ihren Weg nach Steilshoop.Herr B. (Jahrgang 1902) wuchs in Hamburg auf. Nach der Schulzeit lernte er einen Beruf. Er heiratete 1931 und die junge Familie übernahm in der Nähe des Bramfelder Sees einen Schrebergarten. Jeden Sommer zogen sie in den Garten und die zwei Söhne wurden hier groß. 1943, nach der Ausbombung, fanden sie Zuflucht im Garten. Das Haus wurde nach dem Krieg fest ausgebaut. Bis 1971 wohnte die Familie dort. Dann kam der Umzug in die neue Wohnung in Neu-Steilshoop.
Frau L. flüchtete im Kriege aus Ostpreußen und kam über Thüringen und vielen anderen Umwegen mit ihrem 16jährigen Sohn 1946 nach Hamburg. Ihr Bruder hatte sie auf die Warteliste seines Gartenvereins Fiekendorf am Seeredder eintragen lassen. Die Chance einen Garten zu bekommen war gering, denn die Gärten wurden nur an Ehepaare abgegeben. Als aber eine Parzelle frei wurde, auf der schon ein ausgebautes Steinhaus stand, konnte keiner der anderen Bewerber die Abfindungssumme bezahlen und Frau L. bekam den Garten. Trotz der Berufstätigkeit hielt sie Haus und Garten instand und wohnte dort, bis sie im März 1972 die Kündigung erhielt und in eine Wohnung der Neubausiedlung einzog.
Einer anderen Flüchtlingsfamilie wurde auf dem Hof eines Bramfelder Bauern eine Holzbude zugewiesen. Der Bauer benutzte sie schon längere Zeit nicht mehr, ließ sie sich bezahlen und wollte sie dann aber nicht mehr in der Nähe haben. So wurde sie abgebrochen und im Kleingartenverein Hinschgrund auf einer Gartenparzelle wieder aufgebaut. Auch diese Familie mußte beim Bau von Neu-Steilshoop ihr Heim räumen.
Frau J., in Hamburg Barmbek geboren, wohnte mit Ihrer Familie (zwei Kinder) bis 1943 in der Habichtstraße. Als die Wohnung ausgebrannt war, wurde Frau J. und ihre Kinder nach Haffkrug/Ostsee evakuiert. Nach Kriegsende baute der Mann einen Keller aus und holte Frau und Kinder nach Hamburg zurück. Der Keller, den sie mit einer weiteren Familie teilte, war sehr naß. So nahmen sie das Angebot des Bruders an, vorübergehend in dessen Gartenlaube in Steilshoop zu wohnen. Dort hörten sie, daß Bauer Beisser an Ausgebombte 1.000 m² Land (Kohlefelder) verpachtete, sofern das Land bearbeitet und ein Haus darauf gebaut würde. Mit Hilfe des Schweigersohnes wurde das Land urbar gemacht und ein Garten angelegt. In den Trümmern des zerstörten Hamburgs wurden Steine geklopft, die unter großen Schwierigkeiten zur Parzelle gebracht wurden und daraus ein Haus entstand. Erst Jahre später, als der Lastenausgleich gezahlt war (ca. 800,- DM) konnten Licht und Wasser ins Haus gelegt werden. Familie J. hatte ein schönes Zuhause und lebte im Garten bis 1966. Da bot Bauer Beisser überraschend das Land zum Kauf an. Wer nicht in kurzer Frist 30.000,- DM bezahlen konnte, mußte in eine der neuen Wohnung umziehen, die er in der Nähe gebaut hatte. Wenn auch die Wohnung mehr Komfort bot, war der Abschied vom Haus, das unter vielen Schwierigkeiten selbst erbaut war, doch schwer. Das "alte" Haus steht noch (1982) im Eichenlohweg. Es wurde vom Nachfolger ausgebaut und mit einem spitzen Giebel versehen.
Familie V.: Wie wurden beide in Hamburg geboren. Mein Mann verbrachte seine Jugendzeit in der Schmachthägerstraße und amüsierte sie sonnabends und sonntags beim Tanzen im Forsthof (Anmerkung: Steilshooper Restaurant und Ausfluglokal bis 1943). 1937 heirateten wir. 1943 entkamen wir knapp dem Bombenterror. Mit meiner Tochter kam ich nach Westpreußen, fuhr dann zu Verwandten nach Göttingen, wo unsere zweite Tochter zur Welt kam. Drei Wochen später fuhr ich nach Hamburg zurück, wo unsere Mutter ihre Wohnung auf dem Dulsberg behalten hatte. Als im Frühjahr 1944 mein Mann zum Wehrdienst noch eingezogen wurde, ließ ich mich nach Süderdithmarschen evakuieren. Im Oktober 1945 kam ich nach Hamburg zurück. Wir blieben bei Mutter wohnen, obwohl der Raum sehr beengt war. Rings um uns waren nur Trümmer. Damit die Kinder mal herauskamen, besuchten wir die Schwiegereltern im Schrebergarten an der Seebek. Wir übernahmen diesen Garten später. Jeden Sommer zogen wir hinaus und blieben bis in den Oktober draußen. Zuerst waren um uns Kohl- und Rhabarberfelder - im Laufe der Jahre rückten immer mehr Neubauten in unsere Nähe. Als der Seebek 1972 begradigt und ein Wanderweg angelegt wurde, mußten wir von den 840 m² Garten ca. 200 m² abgeben. Erst 1981 gaben wir den Garten aus Gesundheitsgründen auf.
Frau G.: Wegen der Bombenangriffe und dem Einbruch der Russen in Ostpreussen, wurde ich im Oktober mit meiner 10jährigen Tochter aus Königsberg nach Sachsen evakuiert. Schon im März 1945 mußten wir wegen des weiteren Vorrückens der Russen nach Oberfranken flüchten. Dorthin kehrte mein Mann im Sommer 1946 aus der Kriegsgefangenschaft zurück. Hier bot sich ihm jedoch keine Arbeitsmöglichkeit. Da wir in Hamburg Verwandte hatten und hofften dort einen Arbeitsplatz zu finden, wollten wir dorthin übersiedeln. Unsere Angehörigen bemühten sich daraum, daß wir einen Schrebergarten mit Häuschen bekamen. So konnten wir am 1. Oktober 1954 unser eigenes Haus im Gartenverein Fiekendorf beziehen. Dort haben wir viele schöne Jahre verlebt. Es war herrlich im Grünen zu leben und eigenes Obst, Gemüse und Blumen heran zu ziehen. Außerdem hatten wir viel Spaß an unseren Hauskaninchen. So traf mich (mein Mann war inzwischen verstorben) die Kündigung recht hart. Am 1. September 1971 bezog ich meine Wohnung in Steilshoop. Inzwischen habe ich mich an das Etagenleben gewöhnt und fühle mich hier sehr wohl, zumal meine Wohnung sehr schön und komfortabel ist.
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Infrastruktur
Einen Treffpunkt in der Kolonie stellten die Wasserpumpen dar, da die Häuser noch keinen eigenen Wasseranschluß hatten. Das Wasser wurde in Eimern von der Pumpe geholt (eine Familie von vier Personen brauchte ungefähr 5-6 Eimer pro Tag), und bei dieser Arbeit kam man miteinander ins Gespräch. Im Winter wurde die Pumpe mit Stroh umwickelt (vom Gartenobmann). Aber trotzdem fror sie oft ein, so daß unter schwierigen Umständen von den Männern mit Lötkolben die Pumpe erhitzt wurde, damit das Pumpen wieder möglich war.Wenn nach negativen Bestandteilen dieses Lebens ehemalige Bewohner gefragt wurden, so lassen sich diese in folgende Stichworten zusammenfassen:
- die Kriegwirren mit allen ihren Auswirkungen (existentielle Bedrohung, Evakuierung, Flucht, materielle Not, Arbeitslosigkeit...)
- die sanitären Verhältnisse mit einem Plumpsklo auf dem Hof, was im Winter sehr unangenehm war
- obwohl man in der Stadt eine Wohnung besessen hatte, konnte man nach dem Krieg nicht wieder in sie zurück, bekam auch keine neue zugewiesen mit dem Hinweis, daß vorerst nur Wohnungen für die Flüchtlinge in Hamburg bereitgestellt würden, was die Alt-Hamburger erboste. Wie berichtet wurde, bekamen die Flüchtline aber auch keine Wohnung, sondern wer eine Gartenlaube ergattern konnte blieb auch bis lange nach dem Krieg dort wohnen.
- der schlechte Zustand der Wege, in deren Morast man oft versank
- die schlechte ärztliche Versorgung der Koonien - entweder wurde man einfach nicht krank, oder es kam in dringenden Fällen ein Arzt unter vielen Mühen in die Kolonie
- schlechte Werkehrbedingungen zur Stadt, vor allem im Winter waren die weiten Anmarschwege zu Bus oder U-Bahn schwer zu bewältigen
- zuächst auch schlechte Einkaufsmöglichkeiten in Fuhlsbüttel
- auch die Frauen waren einer schweren körperlichen Belastung ausgesetzt, was im Haus und Garten gemacht werden mußte, wurde zum großen Teil von ihnen erledigt, denn der Mann war meistens nicht da.
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Nachbarschaft
Bei den Erinnerungen an das Leben in den Schrebergärten wurde vor allem der Begriff der Nachbarschaft als wichtig benannt, wohingegen das Vereinsleben keine wesentliche Rolle beim "sich Wohlfühlen" spielte.Als wesentliches Kennzeichen einer guten Nachbarschaft wurden gegenseitige Besuche, das Grüßen, das Klönen über den Gartenzaun, gemeinsames Kaffeetrinken und gegenseitige Hilfeleistungen benannt. Vor allem die Kinder stellten immer wieder eine Verbindung zwischen den Familien und Frauen her, sodaß es keine Probleme gab. Wenn eine Mutter einmal ohne ihr Kind weggehen wollte, war es in der Nachbarschaft gut aufgehoben.
Das Leben mit den Nacuzhbarn sei wie in einer großen Familie gewesen, obwohl es auch "schlechte" Nachbarn gab, die eben nur auf ihre eigenen Belange sahen und sich in ihre Gartenarbeit vertieften.
Weitere soziale Kontakte fanden durch den Austausch von Obst statt, das überall reichlich vorhanden war. Man bekam auf diesem Wege auch dasjenige, was man selbst nicht anbaute. Mit dem überschüssigen Obst konnten noch die Verwandten und Freunde in der Stadt versorgt werden, oder es wurde eingemacht bzw. gemostet, was mit sehr viel Arbeit für die Frauen verbunden war.
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Das Leben in den Gärten
Die meisten Bewohnen haben in den Gartenhäusern zwischen zehn und zwanzig Jahren gelebt. Sie landeten entweder als Flüchtlinge aus den Ostgebieten in der Gartenkolonien (dafür brauchte man keine Zuzugsgenehmigung durch die Stadt Hamburg), oder ihre Stadtwohnungen waren ausgebombt bzw. standen in der Gefahr ausgebombt zu werden. Das Leben in den Gartenhäusern schien sicherer.Es darf betont werden, daß diese Notlage, die durch den Krieg ausgelöst wurde, die Menschen untereinander verband und einen Zusammenhalt gewährleistete. "Die Menschen waren menschlicher miteinander", d.h. es gab eine größere Teilnahme am Leben des anderen als heute, verbunden mit einem gegenseitigen Geben und Nehmen.
Allgemein war der Lebensstil wesentlich einfacher. Da keiner viel hatte, war auch der Umgang miteinander einfacher und auf gegenseitige Hilfe ausgerichtet. Dies macht auch den wesentlichen Unterschied zu heute aus, wo jeder nur auf sich selbst sieht und sein Eigentum zu vermehren trachtet, an dem der andere nicht teilhaben soll. "Die Menschen haben sich verändert, heute kann nichts genug sein" - und dies führt zur weitgehenden Isolation voneinander.
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Das Leben der Frauen in den Gartenkolonien
Grundsätzlich kann gesagt werden, daß die Gartenvereine reine Männergesellschaften waren. Nur die Männer waren Mitglied im Verein, die Frauen hatten kein Stimmrecht (im Gegensatz zu heute), obwohl sie wesentlich das Leben in den Gärten prägten und dort auch die meiste Arbeit verrichteten. Trotz der Tatsache, daß die Frauen die gleichen Arbeiten machten wie die Männer (hier kann man nicht von "Benachteiligung oder Diskreminierung" sprechen!), kamen zu den Versammlungen im Vereinshaus, wo über alle wesentlichen, die Gemeinschaft betreffenden Dinge, entscheiden wurde, nur Männer zusammen. Die Frauen traten im öffentlichen Leben nicht in Erscheinung.Erst wenn die Frauen alleinstehend und verwitwet waren, hatten sie die Möglichkeit, Mitglied im Verein zu werden und hatten dann auch das Vorrecht, den Garten selbst zu übernehmen. Damit war zugleich die Verpflichtung verbunden, sich an den Gemeinschaftsarbeiten zu beteiligen (z.B. Renovierung des Vereinshauses, Wegepflege) oder eine andere Person als Ersatz zu stellen.
Was die Gartenvereine den Frauen anboten waren einige Veranstaltungen nur für Frauen zu "typischen" Frauenthemen wie z.B. Einkochen, was von der Landpflege angeboten wurde.
Gerade während und nach dem Krieg bestand für die Frau immer die Notwendigkeit auch schwere "Männer"-Arbeiten zu verrichten - aber dies hatte nichts mit Gleichberechtigung zu tun.
Gearbeitet wurde aus dem reinen Selbsterhaltungstrieb heraus. Aufgrund der Kriegserfahrungen war auch Schwerstarbeit für Frauen eine Selbstverständlichkeit angesicht der existentiellen Bedrohung der Familien. Die Frau hat sozusagen "ihren Mann gestanden", d.h. es wurden keine Situationen im alltäglichen Leben aufgefunden, wo bedeutende Unterschiede zwischen Mann und Frau sichtbar wurden.
Im Rückblick auf diese Zeit hatte die Frau einen ganz anderen Status als heute und damit verbunden wohl auch ein anderes, vielleicht stabileres Selbstbewußtsein. Sie hat damals ihre Arbeit im Haus, im Garten und bei der Kindererziehung auch als Arbeit aufgefaßt, obwohl sie zu Hause stattfand. Demgegenüber ist heute "Arbeit" (=Erwerbstätigkeit) weitgehend vom Familienleben getrennt, so daß beides oft nur schlecht miteinander vereinbar werden kann, die Frauen sich ihrer selbst unsicher sind.
In den Gartenkolonien hatten die Frauen von sich selbst das Gefühl etwas geleistet zu haben und fühlten sich auch innerhalb von Ehe und Familie ausgefüllt. Immer auch gab es Gemeinschaftsaufgaben von Mann und Frau, die den Zusammenhalt gestärkt haben.
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Von der Planung bis zur Umquartierung
Die Planung, die in den 60er Jahren für Steilshoop vorgeschlagen wurde, war schon die zweite, denn Ende der 50er Jahre lag ein erster Bebauungsplan mit einer viergeschössigen Bebauung vor (unter Bausenator Büch). Dieser Entwurf wurde aber - nachdem er die Bezirksversammlung durchlaufen hatte - in der Bürgerschaft mit der Begründung gestoppt, daß durch eine solche Bebauung die Mieten zu hoch würden.Der zweite Bebauungsplan wurde in Angriff genommen, da zunehmend mehr Beschwerden über die schlechten (Lehm-)Wege z.B. von Seiten der Feuerwehr kamen. Der wesentliche Grund für eine Neubebauung war aber die ungeheure Wohungsnot nach dem 2.Weltkrieg. In Steilshoop war ein großes Gebiet der Liegenschaft frei. Konzipiert wurden Wohnungen für 24.000 Menschen im sozialen Wohungsbau.
Bevor man mit der Bebauung beginnen konnte, mußte das Problem der Räumung des Gebiets gelöst werden, d.h. den Bewohnern der Gartenkolonien mußte ein anderer Wohnraum in der Stadt zugewiesen werden. Hieraus ergab sich zwangsläufig eine enge Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt Wandsbek, das bei der Wohnungsbeschaffung behilflich sein mußte. Die Auswahl der Menschen für die Umquartierung geschah anhand einer Dringlichkeitsliste, die das Sozialamt erstellte. Danach hatten Witwen mit Kindern, Alte und Behinderte Vorrang.
Auch von städtischer Seite wurde befunden, daß die Häuser in den Schrebergärten zwar gepflegt, aber primitiv waren, fast ohne Isolation, ständig feucht und mit mangelhaften sanitären Anlagen versorgt.
Der Umzug in eine neue Wohung in Steilshoop löste anfangs durchaus nicht immer Freude aus, denn neben der Trennung von der gewohnten Umgebung und Gemeinschaft mußte der neue Komfort auch teuer bezahlt werden. Im Vergleich zur Pacht in den Schrebergärten war die Miete der Wohnung sehr hoch, aber wer genügend Geld hatte, konnte sich eine Wohung aussuchen. Berichtet wurde auch, daß beim Wohungsamt auf die Wünsche der zukünftigen Mieten ziemlich genau eingegangen wurde, sodaß es von daher keine Schwierigkeiten gab.
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Zusammenfassung
In der Erinnerung ist das Bild des Schrebergarten-Lebens zwar weitgehend rosig, aber dennoch möchten diese Zeit alle nicht mehr. Ehemalige Bewohner sind froh, nach diesen langen Jahren eine bequeme Wohnung zu haben, obwohl die emotionalen und sozialen Verluste beim Umzug ziemlich groß waren. Gerade im Hinblick auf das zunehmende Alter wird der eigene Balkon als "halber Garten" geschätzt, das Bad und die Heizung werden als komfortable Bereicherung gesehen, obwohl die Heizung heute "warm, aber tot" ist und keine Romantik mehr zuläßt wie damals beim Herdfeuer und Kachelofen.Zur Infrastruktur von Neu-Steilshoop äußersten sich die Bewohner ganz zufrieden mit den ensttandenen Fußgängerzonen und den "schönen" Kinderspielplätzen. Leider muß aber festgestellt werden, daß gerade diese Spielplätze und die kleinen Parks nicht genutzt werden, da die Geräte nicht zum Spielen animieren. Stattdessen spielen die Kinder im Gebüsch und ruinieren die Grünanlagen - und das unter Erzeugung "ruhestörenden Lärms"! Trotz der schönen, geplanten Einrichtungen muß man feststellen, daß für Heranwachsende nicht genügend Raum zum Austoben zur Verfügung steht. Bemerkenswer daran ist, daß das nicht nur ein Problem Steilshoops ist (obwohl es bei einer solchen Bebauung immer am augenfälligsten wird), sondern als gesamtgesellschaftliches Problem angesehen werden muß.
Natürlich stellt sich für ältere Bewohner auch die Frage, welche Lehren die politischen Entscheidungsgremien aus einem Projekt wie Steilshoop mit allen seinen sozialen Mängeln ziehen sollte. Gesagt wurde dazu, daß man ja schon aus den Fehlern der Bebauung am Osdorfer Born gelernt habe (erst Erstellung der Wohnungen, dann langsamer Ausbau der Infrastruktur). Ein problem stellen weiterhin folgende Faktoren dar: Die große Menschenballung auf relativ wenig Raum, Anonymität im Hochhaus, schwieirges soziales Zusammenleben der unterschiedlichen Bewohnergruuppen. Zunächst zeigte die Bewohnerschaft Steilshoops die Auswirkungen des Lagerlebens auf den Menschen - eine hohe Fluktuation durch die Ausweisung aus Übergangswohnungen.
Kommentare
von Heinz Egleder am 29.07.2008 13:11 Heute bin ich durch Zufall auf diese Internetseit gestoßen: Ich wollte etwas erfahren über die Laubenkolonie Steilshoop, in der ich die ersten zwölf Jahre meines Lebens verbracht habe. Die Kolonie hat mich bis heute, inzwischen 60 Jahre alt, geprägt. Ob ich ggf. über diese Seite meine alten Spielkameraden, nämlich Veronika + Regina, Peter + "Gundi", "Hansel" und "Rotz-Uwe" wiederfinde? |
von Coki am 03.08.2008 14:41 Hallo - Das wird sicher schwierig, da inzwischen schon einige Tage vergangen sind und auch der obige Text noch aus den frühen 80er stammt. Einige Möglichkeit für Kontakte wäre eventuell das stadtteilarchiv-bramfeld.de - Gruss, Coki |
von Otto-Leonhard Peus am 03.08.2008 17:18 Ich lese eben von der "schlechten ärztlichen Versorgung" in der ehemaligen Kolonie Fiekendorf. Mein Vater, Dr. med. Werner Peus, war von 1938 bis 1969 Arzt in Bramfeld. Wir wohnten Lübecker Strasse 11, bzw. Bramfelder Chausse 269, Ecke zum Seekamp, früher Hermann-Löns-Allee. Mein Vater war vorher Landarzt im Emsland gwesen. Ich erinnere mich noch sehr gut an seine Tätigkeit in Bramfeld und die all-täglichen Krankenbesuche am Nachmittag, auch Samstags und Sonntags. In den fünfziger Jahren führ ich als Kind mitunter mit ihm. Und er war täglich unter anderem auch in Fiekendorf unterwegs, um Krankenbesuche zu machen. Die Besuche auch in den anderen Kleingartenkolonien rund um Bramfeld sind mir noch in bester Erinnerung. Die ärztliche Versorgung dank der (aufopfernden) Tätigkeit meines Vaters war (auch in Fiekendorf) gut. Über Kontakte von und nach Bramfeld würde ich mich freuen Mit freundlichen Grüssen Dipl.-Ing. Otto-Leonhard Peus o-peus@t-online.de |
von Wilfried am 09.07.2009 22:52 aus dem vornehmen Uhlenhorst kommend habe ich die schönsten Tage meiner Kindheit in Fiekendorf bei Familie Bock verlebt, Parzelle ca. 152, ich erinnere mich noch heute gern an diese Zeit |
von Frank Possehl am 29.01.2012 15:43 Ich bin Jahrgang 1948 und habe bis 1954 in Steilshoop gelebt. D.h. ich bin dort aufgewachsen. Unser festes Haus stand im "Einkaufszentrum" im Huddersberg beim Sportplatz. Dort waren das Kaufhaus Kuckuck, der Grünhöker, ein Bäcker, ein Fischladen sowie der Schlachter. Das war mein Opa! Auf der anderen Seite des Sportplatzes war die Drogerie Hübbe und ein Gasthaus mit großem Tanzsaal, das später teilweise abgebrannt ist. Ich war bei vielen Nachbarn "zu Gast" und habe mit deren Kinder gespielt, u.a. bei der Familie Pernau. Und an eine Frau (Tante) Ihde kann ich mich erinnern, mit der mein Opa ein "Bratkartoffel-Verhältnis" hatte. Die Stammkneipe meines Opas war übrigens an der Ecke Seeredder / Fabriciusstraße. Der Inhaber hieß Willy Mahnke. Ich würde gern noch einmal einen alten Stadtplan von Steilhoop haben, um im heutigen Steilshoop die Stelle zu finden, wo wir damals gewohnt haben. |
von Frank Possehl am 29.01.2012 21:22 Berichtigung zum letzten Kommentar: Die Stammkneipe meines Opas war an der Ecke Bramfelder Redder / Fabriciusstraße, der Wirt hieß aber wirklich Willy Mahnke |
von Coki am 30.01.2012 22:35 Ich kann mal sehen, ob ich am Wochenende einen Scan von der Kolonie mache und die über einen Plan von Steilshoop lege. Gruss, Coki |
von Coki am 14.04.2012 09:50 Moin Frank HAt deutlich länge rgedauert, aber nun ist die Karte ergänzt. Es handelt sich um eine s/w Kopie eines Grundplans von 1968 des nördlichen (überbauten) Bereiches. Ich hoffe der hilft dir etwas. Die Karte ist relativ weit oben im Artikel. Gruss, Coki |
von Frank P. am 26.04.2012 21:48 Vielen Dank für die detailierte Karte. Hallo Coki auch ich habe noch eine Seite aus einem Stadtplan gefunden, auf der das Gebiet eingezeichnet ist, allerdings in einem kleineren Maßstab. Interesse? Gruß Frank |
von Coki am 06.05.2012 16:00 Gerne. Einfach an webmaster@steilshooper.de senden. Gruss, Coki |
von D.H.H. am 15.11.2012 13:05 Wer kennt noch Familie Ludewig. Sind meine Tante und Onkel. Tochter heisst Angelika. Leider weis ich die Parzellennummer nicht mehr. Habe dort als Kind schöne Zeiten verbracht. Ich weis nur das ihr Haus ziemlich zum Schuss abgerissen wurde. |
von Güner Okafka am 22.01.2013 23:58 Meine Geschichte zum Leben in der Laubenkolonie. Ich bin Jahrgang 1943. Wir zogen 1952 in ein Häuschen im Kleingarten Verein Fieckendorf Parzelle 220. Meine ganze Kindheit habe ich hier verbracht. Obwohl die Wohnverhältnisse primitiv waren, war es doch eine tolle Zeit. Leider war auch der Weg zur Schule sehr weit: Langenfort 68 Nord, dazu noch in Früh und Spätschicht! 1955 bezogen wir unseren Schulneubau in der Steilshooper Str. 338. Es folgte dann die Berufsausbildung. Kurz bevor wir unsere Parzelle räumen mussten, habe ich 1969 geheiratet. Somit bekam ich auch eine eigene Wohnung in Dulsberg. 1974 wurde unser Sohn geboren. Wir brauchten eine größere Wohnung. Ich wollte in meine alte Heimat zurück nach Bramfeld. Wir hatten das Glück in eine tolle Wohnung im Borchertring zu ziehen, in der wir auch heute noch sehr gern leben! Inzwischen bin ich pensioniert und habe mir eine Aufgabe gesucht. Ich arbeite ehrenamtlich im Stadtteilarchiv Bramfeld. Eines Tages fragte mich Frau Hoppe "ob ich nicht lust hätte, die Führungen durch Steilshoop zu übernehmen, du wohnst da und kennst es von damaligen Zeiten" Ich habe natürlich sofort zu gesagt! Seit 2011 mache ich die Stadtteilrundgänge, die rechtzeitig in der Presse angekündigt werden. Es macht mir einen riesen Spaß aus früheren Zeiten zu erzählen, bei der meine begeistert zuhören. Ich würde mich freuen, wenn sich vielleicht auch ehemalige Nachbarn bei mir melden würden. Kontakt: Stadtteilarchiv Bramfeld Tel. 691 5121. E-Mail stadtteilarchiv-bramfeld@t-online.de |
von Susanne Wulf geb. Tödten am 28.07.2015 17:00 Auch ich bin in Fiekendorf aufgewachsen. Mein Uropa baute damals nach Kriegsende ein Steinhaus. Mit meinen Eltern bin ich etwa 1959 dort eingezogen und war damals etwa ein Jahr alt. Meine Brüder Thomas und Peter wurden 1963 und 1965 geboren. Im ersten Stock unseres Hauses wohnte mein Großonkel Kalli mit seiner Familie. Seine Zwillingssöhne Jens und Claus waren 3 Jahre älter als ich. Unser Keller stand immer unter Wasser. Aber wir hatten eine wunderbare Wippe und hinterm Haus rankte wilder Wein. Hinter uns wohnte die Haushälterin vom Ohnesorg-Schauspieler Henry Vahl. Ich durfte manchmal seinen Dackel ausführen. Meine Großtante Frida Lehmann wohnte mit Großonkel Richard und Tochter Karin schräg gegenüber. An deren Gartenecke befand sich auch die Wasserpumpe. Neben uns wohnte rechts Familie Blender. Zur anderen Seite, ein Garten weiter, mein Spielfreund Jens Gassner (oder so ähnlich). Und meine beste Freundin Beate Feindt wohnte einen Weg weiter. Mit ihr besuchte ich die Schule Steilshooper Str. in der mein Onkel Hans Jönsson damals Hausmeister war. Ich erinnere mich daran, dass er Bussarde gehalten hatte. Und einen Fischteich gab es dort. Der Schulleiter war Herr Röder. Und mein Klassenlehrer hieß Herr Witte. Ich empfand den Schulweg immer sehr lang. Ich musste den Seeredder fast bis zum Bramfelder See hoch und den drittletzten Weg links rein. Der Weg führte am Laden Köhncke vorbei, der Mittags immer geschlossen hatte. Wenn ich alleine gehen musste, war der Weg sehr einsam. Ich hatte dann oft Angst, weil es einmal vorkam, dass ich von einem Mann aus einem Auto angesprochen wurde. Er wollte, dass ich einsteige und lockte mit Bonbons. Ich bin dann so schnell weggelaufen, wie ich nur konnte. Oft habe ich auch mit den Mädchen der Familie Wennrich, Veronika und Rosie, gespielt. Veronika hatte den ersten Hüpfball und ich war sehr neidisch. Und sie spielte Akkordeon. Frau Wennrich hat mit uns zur Adventszeit immer gebastelt. Sie hatte tolle Ideen und es hat viel Spaß gemacht. Ich kann mich an die Weihnachtsfeiern im Vereinshaus mit Weihnachtsmann erinnern. Und an die kleine Pro, in der die Mutter meiner Freundin Beate als Verkäuferin tätig war. Auf dem Weg zur Pro kamen wir am Spielplatz vorbei. Da stand die höchste und tollste Schaukel. Direkt auf der linken Seite unseres Gartens wohnte Herr Fichtner mit seinem Schäferhund. Wenn wir meine Großeltern in Langenhorn besuchten, mussten wir immer durch den ganzen Ohlsdorfer Friedhof laufen, um die U-Bahn zu erreichen. Obwohl vieles beschwerlich war, besonders für die Erwachsenen (Wassereimer schleppen, Wäsche auf dem Kohleherd kochen, weite Wege zum Einkaufen, Eisblumen im Winter an den Fenstern und Plumpsklo), erinnere ich mich an eine ausgesprochen glückliche Kindheit. 1970 sind wir nach Lurup gezogen. Wir freuten uns damals, dass wir fließendes warmes Wasser und eine Zentralheizung hatten. Allerdings wohnten wir nun in einem Hochhaus und nichts war mehr wie vorher. Den Kontakt zu meinen Kindheitsfreunden habe ich damals verloren. Gerne würde ich von Beate oder Veronika hören. Oder von Renate Kraatz mit Ihren Brüdern. Vielleicht habe ich ja auf diesem Wege Glück, und es erinnert sich jemand. |
von Günter Okrafka am 13.01.2016 00:04 Ich habe auch von 1952 bis zur Räumung 1969 in Fieckendorf gewohnt.Bis 1976 wohnte ich in Dulsberg. Am 01.10.1976 bin ich mit meiner Familie wieder nach Steilshoop gezogen, wo ich auch heute noch sehr gern wohne. Über meine Erinnerungen an alte Zeiten im Schrebergarten berichte ich auf meinen beiden Stadtteilrundgängen, 06.04. + 07.09.2016 17:00 Uhr. Ich bin ehrenamtlicher Mitarbeiter im Stadtteilarchiv Bramfeld. |
von Jan Gelbrich am 21.01.2020 09:07 32 Jahre nach dem Tod meiner Urgrossmutter die zwischen 1943 und 1970 in dieser Kleingartenkolonie lebte finde ich endlich eine alte Karte davon! Und ein paar mehr Geschichten die mir den Hintergrund erklären. Viel hat mir "Oma Mimi" nicht davon erzählt aber ich habe ein paar alte Fotos ... die genaue Adresse ihrer Laube habe ich leider nie erfahren. Vielen Dank für diese sehr informative Seite! |